Die Gedenkstätte Lager Sandbostel lädt ein:
Dienstag, 21. August 2018, 19.00 Uhr
Vom Verbündeten zum „Verräter“ – Italienische Kriegsgefangene im Stalag X B Sandbostel
Ein Vortrag von Dr. Jens Binner (Stiftung niedersächsische Gedenkstätten)
Ort: Gedenkstätte Lager Sandbostel (Bernard Le Godais-Saal), Greftstr. 5, 27446 Sandbostel
– Eintritt frei –
Eine Veranstaltung der
Stiftung Lager Sandbostel / Gedenkstätte Lager Sandbostel
Greftstr. 3
D – 27446 Sandbostel
Telefon: 04764 – 22 54 810
E-Mail: info@stiftung-lager-sandbostel.de
Internet: www.stiftung-lager-sandbostel.de
„Sie betrachteten uns als ‘Untermenschen’. Die einzigen, die schlechter dran waren als wir, waren die Russen, sie wurden schlechter behandelt, als wir. Wir waren die vorletzten.“ So fasste Michele Montagano in einem Interview 2006 seine Erfahrungen als italienischer Kriegsgefangener im Stalag X B Sandbostel zusammen. Zahlreiche andere Überlebende aus Italien berichten ebenfalls von schlechter Versorgung, Hunger und täglichen Schikanen im Lager und auf den Arbeitskommandos. Elio Materassi schrieb damals in sein Tagebuch: „Nach und nach verlassen uns die Kräfte. In wenigen Monaten sind wir nur noch Schatten unserer selbst. Männer in der Blüte ihres Lebens sehen aus wie alte Greise. Die Deutschen lassen all ihre Wut an uns über das aus, was in Italien politisch passiert ist. Sie nehmen jede Kleinigkeit zum Anlass, uns zu bestrafen und zu misshandeln.“ Das Schicksal der italienischen Kriegsgefangenen wurde lange Zeit wenig beachtet.
Ab September 1943 wurden etwa 67.000 Kriegsgefangene aus Italien im Stalag X B Sandbostel und dem Zweiglager Wietzendorf registriert. Nach der italienischen Kapitulation waren aus den treuen Waffengefährten der Wehrmacht in den Augen vieler Deutscher „Verräter“ geworden, an denen sie gefahrlos ihre allgemeine Unzufriedenheit mit den Folgen des Krieges auslassen konnten. Die Unterbringung der Italiener in einem Kriegsgefangenenlager und ihr Einsatz in der deutschen Kriegswirtschaft werfen viele Fragen auf. Wie kam es im September 1943 zur Gefangennahme? Was steckt hinter der offiziellen Bezeichnung als „Militärinternierte“? Wodurch war der Alltag im Lager und beim Arbeitseinsatz gekennzeichnet? Gab es Unterschiede zwischen einfachen Soldaten und Offizieren? Wie trat die deutsche Bevölkerung den italienischen Gefangenen gegenüber? Der Vortrag will sich diesen Fragen aus verschiedenen Perspektiven nähern. Besonders die zahlreichen Berichte ehemaliger italienischer Kriegsgefangener spielen dabei eine große Rolle. Es existieren sowohl zeitgenössische Tagebücher als auch Memoiren, Interviews und Bücher. Ein Glücksfall ist, dass aus dem italienischen Lagerteil in Sandbostel zahlreiche Fotos vorliegen: Der Marineoffizier Vittorio Vialli konnte eine Kamera in das Stalag X B schmuggeln und dadurch eine Realität dokumentieren, die bei offiziellen Fotos von deutscher Seite keine Berücksichtigung findet.
Dr. Jens Binner, ehemaliger Kurator in der Gedenkstätte Lager Sandbostel, gibt in dem Vortrag einen Überblick über das Schicksal der italienischen Kriegsgefangenen im Stalag X B.
Der Vortrag findet im Rahmen der Sonderausstellung « Banditi e ribelli. Die italienische Resistenza 1943 – 1945 » statt, die in der Gedenkstätte zu sehen ist. Am Vortragsabend ist die Ausstellung auch Abends geöffnet.
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